Die frühlingshafte „Morgenröte“

Wir haben den langen Winter hinter uns, der zweite Februar, Maria Lichtmess steht vor der Tür. Diese Tür, welche da geöffnet wird, steht im großen Rad der Zeit im Osten, und markiert auch das Tor des Frühlings.

Wir können uns einen noch dunklen Horizont vorstellen, wo die ersten Silberstreifen, die den kommenden Morgen einläuten, diese Schwelle sichtbar werden lassen. Noch ist alles in sich gekehrt, die Knospen, die Samen sind noch verschlossen, aber in ihnen pulsiert bereits das drängende Leben.
Die Kräfte, welche sich hier gesammelt haben, organisieren und der Puls der Zeit beschleunigt sich. Es liegt ein Ahnen, eine Erwartung in der Luft. Wir können es förmlich riechen. Die Erde beginnt zu duften, die winterliche Starre steht sich bald selbst im Wege, und die merkuriale Aufbruchsstimmung, die gleichzeitig eine Wandlung in Gang setzt, ist nicht mehr aufzuhalten.

Die Morgenröte dämmert, der Himmel färbt sich von einem zarten, venusischen Rosé in ein drängendes, leuchtendes, aktives Orange. Man sagt, der Himmel geht über. Ein zarter Windhauch erweckt dabei unsere Sinne und erzählt von Abenteuern und einer neu erwachenden Welt.

Natürlich gibt es noch kalte Nächte, Morgenfrost und die eine oder andere Schneewolke verirrt sich noch über den Himmel, aber Beständigkeit liegt keine mehr darin.

Diese merkuriale Aufbruchskraft, der Duft nach Leben, nimmt dem Winter seinen „Schrecken“. Tag für Tag steigt die Sonne höher und weckt die Vegetation aus ihrem Winterschlaf. Lockt das noch nicht Sichtbargewordene hervor, bis es dann bald, im fortgeschrittenem Frühling, seine ganze Pracht entfaltet.

Der Frühling ist wie ein Wunsch der Gestalt annimmt und endlich Erfüllung findet. Die Jahreszeit, wo das Geheimnis des Lebens sichtbar wird.

Auch der Mensch kann jetzt seine Pflanzenkinder wieder beim Erwachen zusehen. Die Bäume kommen wieder in den Saft und es ist ein freudiges Wiedersehen, nach den Wochen der Starre. Auch werden bereits die Pläne für die bevorstehende Gartensaison gemacht, denn die Zeit wird drängender.

Jeder Pflanzenfreund hilft dabei mit, die Vielfalt zu ermöglichen, dem Leben eine Chance, und den Pflanzenkindern Raum zu geben.

Jeder Same der durch unsere Hände gehegt und gepflegt wird, ist potenzielles, neues Leben. Dabei nehmen wir aktiv an der Schöpfung teil. Die Liebe, Fürsorge und Aufmerksamkeit, die dabei aufgebracht werden, sind die einer Mutterliebe nicht fern.

Ohne hingebungsvolle Gärtner würde die Natur zu einer Sache werden, zu einem Gegenstand von Wirtschaft und dem Objekt der Ausbeute.

Viele Arten wären schon längst nicht mehr unter uns, oder gar nicht erst da – viele Pflanzen unerkannt oder vergessen, gäbe es nicht den aufmerksamen Pflanzenliebhaber.

Es ist unsere Aufgabe, die Pflanzenkinder dieser Erde, Beachtung und Aufmerksamkeit zu schenken. Jedes Leben verkümmert und vergeht, ist da niemand der sich ihm zuwendet.

Sprechen wir mit unseren Pflanzen, so wie wir es mit den Tieren tun. Und lernen wir auch zuzuhören, damit ein Dialog entstehen kann.

Jeder der einen Garten, Balkon oder eine Zimmerpflanze hat, ist ein Teil der Schöpfungskraft.
Einen Garten zu haben und diesen nur mit einem überdüngten Zuchtrasen zu gestalten, ist verlorenes Potenzial.
Ein Stück Erde in einen „Garten Eden“ zu verwandeln, dem Leben Raum zu geben wo es sich ausdrücken und entfalten kann, ist heutzutage Luxus!
Zeit und Grundfläche sind kostbar, und so man beides hat, darf man sich glücklich schätzen, wenn daraus ein Zuhause und ein Gestaltungsraum für die Schöpfung entstehen kann.

Ein echter Gärtner ist ein Idealist, denn er denkt dabei an ein besseres Morgen. Geduld und Hoffnung sind dabei seine Begleiter. Jeder Same, jede Pflanze die ich heute in die Erde bringe, kann morgen schon sein Potenzial entfalten und unsere Welt zu einem schöneren Ort werden lassen.

Gibt es etwas nachhaltigeres als Leben zu ermöglichen? Als Gärtner sind wir auch wahre Optimisten, denn es benötigt eine gewisse Zuversicht in die Zukunft, Vertrauen in die Umwelt und natürlich große Dankbarkeit.

Wie unwirtlich können völlig kahle Landstriche sein. Mit ein paar wenigen Samen und etwas Wasser kann diese Einöde zu einem Ort des Lebens werden, dass sich von selbst aus generiert und weiter wächst.

Der nahende Frühling, die Kraft des aufsteigenden Lichts gibt uns die Möglichkeit unseren „Garten Eden“ zu gestalten, der Schöpfung unter die Arme zu greifen und dankbar seine Wunder zu bestaunen.

Greifen wir selbst in die Erde und legen wir einen Samen der Hoffnung. Hegen wir diesen, schenken wir ihm unsere Aufmerksamkeit, und zeigen wir uns dankbar für diese Möglichkeit.

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