Egal in welchen alten Philosophien wir lesen mögen, am Ende des Tages, über welche Umwege und mit welchen Wörtern auch immer erklärt, am Ende mündet alles ins große Meer der Weisheit.
Womit auch immer der eine oder andere sich Befassen mag, in welchen Kulturen und Philosophien er nach der Wahrheit suchen mag, so wird er doch irgendwann feststellen, wenn er lange genug zwischen den Weisheiten hin und her „gereist“ ist, dass die große Wahrheit überall zu finden ist.
Das alte Ägypten z.b. brachte große Meister hervor. Allen voran, so heißt es, steht Hermes Trismegistos. 300 Jahre alt soll er geworden sein, so er nicht noch oder schon wieder unter uns Menschenkindern wandelt. Trismegistos bedeutet so viel wie der 3mal Geborene, d.h. der Allergrößte. Später wurde er als „Gott der Weisheit“ persönlich bezeichnet.
Die Tabula Smaragdina, eine smaragdene Tafel, ist eine viel zitierte und interpretierte Hinterlassenschaft Trismegistos. Wir alle kennen vielleicht die eine oder andere Interpretation davon. Sie beinhaltet in kurzen Sätzen die 7 hermetischen Prinzipien, Weisheiten.
1. Das Prinzip der Geistigkeit
Das All ist Geist, das Universum ist geistig.
Allem Existierenden liegt eine geistige Kraft zu Grunde.
2. Das Prinzip der Entsprechung
Wie oben so unten, wie unten so oben.
Wie im Großen, so im Kleinen;
Wie im Kleinen, so im Großen.
3. Das Prinzip der Schwingung
Nichts ist in Ruhe, alles bewegt sich,
alles ist in Schwingung.
4. Das Prinzip der Polarität
Alles hat sein Paar von Gegensätzlichkeiten;
Gegensätze sind identisch in ihrer Wesensart,
nur verschieden im Grad; Extreme berühren sich;
alle Wahrheiten sind nur halbe Wahrheiten;
5. Das Prinzip des Rhythmus
Alles fließt aus und ein, alles hat seine Gezeiten.
Alle Dinge steigen und fallen,
das Schwingen des Pendels zeigt sich in allem,
das Maß des Schwungs nach rechts
ist das Maß des Schwungs nach links.
6. Das Prinzip von Ursache und Wirkung
Jede Ursache hat ihre Wirkung,
jede Wirkung ihre Ursache; alles geschieht gesetzmäßig.
Zufall ist nur ein Name für ein unbekanntes Gesetz.
7. Das Prinzip des Geschlechtes
Geschlecht ist in allem,
alles hat männliche und weibliche Prinzipien,
Geschlecht offenbart sich in allen Ebenen.
Es mögen nur ein paar kurze Sätze, ein paar wenige Worte in diesen Aufzählungen vor uns liegen, und doch können wir darin alles wiederfinden. Jede Frage kann damit beantwortet werden. Es wurde dabei nichts vergessen, alles ergibt einen wunderbaren Sinn und erklärt das Spiel des Lebens.
„Alles Irdische ist nur ein Gleichnis“
(Goethe)
Ich möchte hier an dieser Stelle, drei dieser Prinzipien etwas näher betrachten, und damit diesen Schatz zurück in unsere Gegenwart holen. Schenken wir diesem wunderbaren Vordenker unsere Aufmerksamkeit, und denken wir, jeder für sich, die Sache zu ende.
Das Prinzip der Polarität:
Alles in Erscheinung tretende hat sein diametrales Gegenüber, seinen Gegensatz. Kurz gesagt, alles hat eine zweite Seite.
Alles Gegenwertige manifestiert sich mit seinem Standpunkt, einem Pol, und zeigt dadurch ein Extrem auf. Sein Gegenpol bildet dazu das Gleichgewicht, und das was dazwischen liegt, ist nur eine Sache des Grades. Die Gegensätze sind damit verbunden und nähern sich Schritt für Schritt, Grad für Grad, an. Sie werden also irgendwann miteinander in Einklang gebracht.
These und Antithese sind ihrer Natur nach identisch, nur dem Grad nach verschieden. Die Annäherung der beiden Pole ist also eine Art Aussöhnung, eine Gradwanderung. Immer aber auch in beide Richtungen möglich, denn alles ist in Bewegung.
„Reise weit genug nach Süden, und du wirst dich nach Norden reisend wiederfinden.“
Licht und Finsternis entspringen derselben Quelle. Kälte, Wärme. Liebe und Hass..uvm.
Die Farbskala, die Tonleiter, bewegt sich so weit auseinander, um am Ende wieder zusammen zu finden. Immer dort wo du ein Ding findest, ist auch immer sein Gegensatz vorhanden.
Das würde also auch bedeuten, dass ein furchtsamer Mensch, durch Steigerung dieser Schwingung auf dieser Mut-Furchtachse dieses Polpaares, irgendwann mit dem höchsten Grad an Mut gesegnet sein kann.
Demnach ist hier nicht die Rede davon, ein Ding, eine Sache durch einen Gewaltakt in sein Gegenteil zu verwandeln. Vielmehr könnte es ein wandern entlang der Skala sein. Es ist immer nur ein kleiner Schritt in den nächsten Grad. Diese Schritte sind es, welche langsam und beständig verfolgt werden sollen, um dabei die Umkehr in sein Gegenteil zu vollziehen. Die Angst in diesem Beispiel, birgt das größte Potenzial an Mut und umgekehrt. Diese Angst ist nur der niedrige Grad von Mut.
Jedes Pol Paar bildet eine Einheit. Die Erhöhung der Schwingung führt in das eine, die Absenkung der Schwingung in das andere Extrem der Skala.
Eine höhere Schwingung führt zu einem positiven, höheren Grad. Dieses Höhere wirkt auch immer anziehender auf das Niedere. Die Natur neigt nach der Richtung der höheren Schwingung zu streben.
Das zeigt sich sehr gut an der Kraft der Selbstheilung unseres Körpers. Alles will (wieder) gut werden.
Das Prinzip des Rhythmus:
Dieser Punkt ist stark verbunden mit unserem Vorherigem, sowie es auch ganz nah am Prinzip der Schwingung liegt. Das Wandern zwischen den Polen erzeugt eine Rhythmik. Aktion und Reaktion, Steigen und Fallen, Vor und Zurück, Werden und Vergehen…alles was lebt, pulsiert. Alles was ist, unterliegt auf unserer Erde diesem Rhythmus.
Die Aus – und die Einatmung, ist das, worauf sich der Yogi bei seiner Meditation konzentriert. Dies führt ihn tief hinein in sein Herz und dessen Rhythmik. Und von dort in die Weite des Raumes, und gleichzeitig zurück zum Punkt der Einheit.
Die Gesetze, die Gezeiten, der Sonnen – und Mondlauf, überall finden wir dieses Kommen und Gehen. Diese Bewegung die niemals stillsteht. In allem Lebendigen erkennen wir diese Melodie.
Im Hinduismus ist es Nataraj, der tanzende Shiva. Er gibt den Takt an, und dazu tanzt die Schöpfung. Hält er inne, so sagt man, hält die Welt den Atem an und alles stirbt, zerfällt zu Staub.
Das Maß des Schwunges nach rechts ist das Maß des Schwunges nach links. Rhythmus kompensiert. Die Schwungkraft in die eine Richtung, bestimmt die Schwungkraft des Pendels in die andere Richtung. Gleichgewicht entsteht durch Gegengewicht.
Ein nach oben geworfener Gegenstand, legt auf seinem Rückweg die gleiche Entfernung zurück.
Das Gesetz der Rhythmik und dessen Kompensation ist immer am Werk. Das ist das Gleichgewicht der Natur, es kommt immer zum Tragen, selbst wenn es mehrere Leben für das Zurückschlagen des Pendels benötigt.
Diese Einsicht, dieses Verstehen führt uns nun geradewegs in das nächste Prinzip.
Das Prinzip von Ursache und Wirkung:
Im Hinduismus finden wir diese Weisheit in der Lehre von Karma. Für jedes Ereignis gibt es eine Ursache bzw. ein Kette von Ursachen. Diese Kette wird oft in vergangene Leben zurückreichen, so sagt es die Karma Lehre. Unser Verständnis von Zeit, der Lebensspanne eines Individuums, ist dabei zu kurz gedacht.
Zufall ist nur der Ausdruck für eine zwar nicht erkannte, aber vorhandene Ursache. Der menschliche Geist kann nicht alles nachvollziehen, was aber lange nicht heißen soll, dass etwas dem Zufall unterliegt. Selten erschafft ein einziges Geschehnis ein anderes, meistens ist dies nur ein vorhergehendes Glied in der großen Kette der schöpferischen Energien des Alls. Zwischen allen vorhergehenden und folgenden Ereignissen besteht ein ununterbrochener Zusammenhang.
Am Morgen zu spät aufgestanden, und das Thema mag den ganzen Tag sichtbar beeinflussen. Es ist der Dominostein, dessen Impuls beim Umfallen alle anderen Steine in Bewegung setzt.
Diese Kette kann durch einen kreativen Geist und einer klaren Ausrichtung jederzeit beeinflusst werden.
Wenn wir nun diese drei Prinzipien auf einen Nenner bringen wollen, dann will es uns unter anderem darauf aufmerksam machen, dass das Dasein einem natürlichen Rhythmus folgt, wo ich aber gezielt die Schwungkraft des Pendels mit dem Verständnis von der Kompensation dieser Kraft, regulieren kann. Eine gezielte Ausrichtung und Klarheit im Denken und Handeln führt zu einem selbstbestimmen Dasein. Es kann die Schwungkraft beeinflussen.
Es gibt Gesetzmäßigkeiten an denen das Leben hier auf Erden gebunden ist. Diese Spielregeln zu akzeptieren und ihre Zusammenhänge zu erkennen, verleiht uns die größtmögliche Freiheit, das zu sein, was jeder einzelne von uns zu sein wünscht.
Ein Übermaß auf der einen Seite, ruft unweigerlich zu einem Mangel auf der anderen Seite hervor. Der Ausgleichende Effekt des Pendels wirkt dem entgegen. Durch Kompensation, durch das „beruhigen“ oder fördern der Schwungkraft können wir es auf die Spitze treiben oder dem Thema die Spitze nehmen. Rhythmus und Kraftaufwand dazu bestimmen wir selbst.
Es gibt weder Entstehen noch Vergehen, endgültiges Sein oder nicht Sein, sondern nur verschiedene Mischungsverhältnisse der Zustände, die von den Urkräften Liebe und Hass, Anziehung und Abstoßung, Sympathie und Antipathie, Raga und Dvesha ( Sanskrit: mögen und nicht mögen), gesteuert, differenziert und angetrieben werden.
„Auf und vorwärts auf dieser Stufenleiter des Lebens bewegt sich alles. Alle sind auf dem „Pfad“, dessen Ende das All (die Einheit) ist.
Jeder Fortschritt ist Heimkehr. Alles ist ein Aufwärts und Vorwärts, trotz aller gegensätzlichen Erscheinungen“
(Verfasser unbekannt 😉
Literaturhinweis:
Kybalion
5 Gedanken zu „Die Lippen der Weisheit sind verschlossen, nur nicht für die Ohren des Verständnisses!“
Liebe Magdalena, Danke für diesen wunderbaren Artikel, der mich sehr bewegt hat. Es zeigt so wunderschön, dass es nach diesen (Natur)Gesetzen kein Schwarz-Weiß gibt, dass alles miteinander verwoben und verbunden und letztendlich Teil desselben Gewebes ist. Alleine der Satz: „Die Angst ist nur der niedrigste Grad von Mut“ birgt für mich so viel Kraft und Wahrheit in sich. Vielen lieben Dank!
herzlichst, Alfred
Lieber Alfred!
Ist es nicht wunderbar „einfach“!?
Ich freue mich sehr über deine Worte, und dass das Erkennen des grossen Gleichnisses in allem auch dich fasziniert.
Danke Dir
herzlichst!
Wunderschöner Text, liebe Magdalena. Die Wahrheit ist symphonisch. Alles fließt.
Danke – Franz
Liebe Magdalena!
Welch wundervoller Artikel und wie passend in dieser Zeit.
Wenn wir alle verstünden, dass es sowohl als auch heißen kann, dass die eigene Wahrheit nur ein Aspekt von milliarden anderer Wahrheiten ist und eine andere Sichtweise bereichern kann und nicht verfeinden muss, kämen wir der Weisheit und Gelassenheit etwas näher.
Denn im großen Ganzen ist alles enthalten. Vor langer Zeit fragte ein Freund einmal: gibt es im prallen Licht keine Schatten oder kann man sie nur nicht sehen…??
Danke für Deine Worte!!
Herzlichst, Angela
Liebe Angela, welch wunderbare Ergänzung..
Danke.
Magdalena