Die Erde als Magnet des Werdens

Garten

 

Betrachtet man unser Dasein aus hermetischer, naturphilosophischer Sicht, dann liegt das Verstehen der darin liegenden Spannung, klar vor Augen.
Die Vedanta würde sagen, das Leid findet hier seinen Ursprung:
von dem Moment an, wo der Funke einer Idee die Ätherschwelle übertritt oder besser gesagt, aus dem ursächlichen Chaos herausfällt, sich das „Gebären“ zwischen Sonne und Mond vollzieht und ihnen ihre Rolle als Vater und Mutter gibt.
Von diesem Moment an, wo das „Kind“ geboren wird, hat es nur den einen Wunsch, es will Werden. Immer mehr, immer tiefer zieht es in die Verdichtung, es will greifbar, körperlich, materiell werden. Und da wir in der Elementegenese die höchste Dichte in der Erde finden, ist das vorläufige dringliche Ziel klar.

Der Funke einer Idee will starr und fest, dicht und schwer werden. Er sucht die Verkörperung. Die dichteste Form unseres Daseins liegt im Element Erde, ist die Erde.
Gleichzeitig ist sie auch der einzige Ort unseres Zuhauses, unsere Bühne, dort wo unser Lebensspiel stattfindet, denn nur dort ist es auch möglich.

Der Mensch und die Erde sind für einander geschaffen, leben quasi in einer Symbiose. Wir machen die Erde zu unserem wohnbaren Planeten, weil wir nur darauf unser Dasein in verkörperter Form ausleben können. Diese enge, einzigartige Beziehung hat wie jede Form einer Zweierbeziehung auch seine Spannungen. Aus unserer Sicht ist sie das Zuhause, sie trägt und nährt uns, gibt uns Halt und Festigkeit, lässt den Funken einer Idee sichtbar und greifbar werden.

Gerade diese Sicherheit, diese Stabilität und geduldige, aber starre und haltende Eigenschaft bindet uns fest und bewirkt, dass wir uns zu sehr mit den materiell greifbaren Dingen identifizieren und darin verharren.

Unser Spielplatz des Lebens ist gleichzeitig die größte bindende Kraft an sich. Dieser Halt kann erstarren, dieses „begreifen Können“ von dichter Materie bringt eine unglaubliche Schwere mit sich. Die nährende Nähe kann zu Enge und Unbeweglichkeit werden. Dieses Zuhause ist unser größtes Hindernis, das es zu überwinden gibt.

Was uns Halt gibt, hält uns gleichzeitig fest. Was uns nährt, lässt uns Hunger verspüren. Was uns schützt, nimmt uns die Freiheit und sperrt uns ein. Die vielen Möglichkeiten, die uns geboten werden, zwingen uns zu entscheiden zwischen Mögen und nicht Mögen, oder Raga und Dvesha wie die Yogis sagen. Die Verlockung etwas zu sein, treibt uns an zu werden, etwas darzustellen.

Saturn bewacht diesen goldenen Käfig. Dichte und Schwere kann das anfängliche und immer währende Licht in Dunkelheit verschließen.  So sehr es ein menschliches Ziel ist, die Erde zu erreichen, so sehr hält uns diese wie ein Magnet fest. Der richtungsgebende Impuls, der erst nur das Ziel Erde kannte, kehrt sich plötzlich, endlich dort angekommen, wieder um.
Diese Erkenntnis, die gleichsam eine Desillusionierung ist, muss verstanden und akzeptiert werden. Sobald etwas geschaffen wurde, muss es wieder seiner Auflösung überlassen werden.

Diese Tatsache beinhaltet all unsere Wünsche, Enttäuschungen, unser Nehmen und Geben, unser Werden und Vergehen, Leben und Sterben, Geburt und Tod in sich. Tag und Nacht, die Gezeiten, die Jahreszeiten und alles Sein unterliegt diesem sich immer drehenden Rad. Nichts ist für die Ewigkeit. Der Tod ist das wichtigste Thema des Lebens und stellt die einzige wahre Realität in der materiellen Welt dar.

Dem innerlichsten Wunsch nach Freiheit, steht die Erde entgegen. Die Yogis erkannten schon früh, dass Freisein heißt, sich von jeglicher Art des Besitzes zu lösen: sich zu befreien von  Bindung an Mensch, Wunsch und Ding. Ursprung der Irrung läge demnach in der Wurzel des Wunsches. Maya, die Illusion selbst, ist Beherrscherin des großen Spieles.

Die meisten Ängste und Empfindlichkeitsstörungen haben damit zu tun. Wie eine Mutter, die ihr Kind freigeben muss, wird auch die Erde uns die Freiheit schenken, wenn dem keine Verlustangst entgegensteht.

Das Rad ist ja noch lange nicht rund. Nach der Erde steigt der richtungsgebende Impuls, die Ios Kraft wieder nach „Oben“, der Sehnsucht nach Auflösung entgegen, dorthin zurück wo alles mit einem Funken begann. Jeder Anfang findet dort sein Ende.

Die erdhafte Manifestation einer Idee ist immer nur ein Teil des Ganzen. Im uranfänglichen Chaos ist die Einheit, die Mystik zuhause. Deshalb ist das Dasein im grobstofflichen immer mit einem Gefühl von Getrenntsein verbunden! Daraus entsteht die Sehnsucht nach dem großen Ganzen im Menschen. Daraus entstand Spiritualität!

Das zurückkehren Wollen in die Einheit, in den ätherischen Raum ist die Suche nach Spiritualität, die Sehnsucht nach Initiation: das Folgen der Ios Kraft.

Das Herausfallen aus der Einheit ist die eine Sache, das dorthin Zurückkehren eine ganz andere.

Dankbarkeit und große Achtung unserer geduldigen Mutter Erde, die unseren Wünschen ein Zuhause gibt, dem Element Erde, das unser Feuer der Sehnsucht in sich bewahrt. Dem Ort unserer Begegnung.

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