Heute morgen, nachdem die Sonne den Frost erst zum Leuchten und anschließend zum Schmelzen gebracht hat, hat mich ein auffällig blumiger Duft, der sogar nicht in die Jahreszeit passen will, aus dem Winterschlaf geweckt.
Natürlich kenne ich meine Gartenkinder und so musste ich nicht lange nach der Duftquelle suchen, es ist der Winterschneeball, der das ganze Jahr eher unscheinbar unter der lichten Birke und dem großen Ahorn wächst. Ein verholzter, sehr alter und knorriger Strauch. Seine Blüten sind rose-weiss und duften herrlich. Man kann sich kaum in seiner Näher aufhalten, ohne dabei nicht seinen Duft wahrzunehmen. Es ist geradezu bezaubernd, wenn der eisige Wind diese Duft-Überraschung durch den vor Kälte starren Garten trägt.
Der Winterschneeball und der chinesische Duftschneeball ( Viburnum bodnantense, Viburnum farreri), gehören beide zu den eher seltenen Winterblühern in unseren Gärten. Sie beginnen wirklich schon sehr früh zu blühen. Nach dem ersten Frost, oft schon im November, verströmen sie ihren Duft und blühen dann bis in das beginnende Frühjahr hinein.
Wir sprechen hier von Pflanzen, die sich ganz deutlich von den sonst typischen Frühlingsblühern wie dem Drindlstrauch (Cornus mas), einzelne Weidenarten sowie Zwiebelpflanzen wie Crocus, Schneeglöckchen und Narzisse unterscheiden.
Winterblüher zeigen im tiefen Winter ihre Blüten, und das grenzt fast an ein Wunder! Ein Winterwunder!
Die Winterheckenkirsche ( Lonicera purpusii) gehört ebenso zu diesen Raritäten. Sie riecht stark nach Maiglöckchen und ist ein sonst unscheinbarer Strauch. Seine weiss-gelben Blüten kommen je nach Witterung und Standort, bereits Ende Dezember zum Blühen. Der Duft ist wirklich betörend und seine Blütezeit dehnt sich bis in den Frühling hinein aus. Die Glöckchen-artigen Blüten werden dann von den frühen Hummeln geradezu geliebt.
Die Zaubernuss ist ebenso ein Gehölz, das ab Jänner ihre gelben, orangen oder roten Blüten zeigt. Die Hamamelis Arten kommen aus Nordamerika und Ostasien. Ihr Duft ist subtil und auch sie gehören zu den wertvollen Winterblüten in unseren Gärten. Die Sträucher wachsen langsam und bevorzugen einen geschützten Standort.
Ich habe meine drei Prachtexemplare unter zwei Nadelbäumen stehen und ihre Blüten sind jedes Jahr ein willkommenes Fotomotiv. Bei starkem Frost rollen sich die Blütenblätter einzeln ein und können dadurch auch tiefe Temperaturen überstehen. Wenn die Minusgrade vorbei sind, die Sonnenstrahlen durch das Geäst fallen, rollen sich die korallenartigen Blütenblätter wieder aus und heben sich leuchtend vom blauen Himmel ab.
(siehe Bild)
Die wunderschöne Herbstfärbung der haselnussartigen Blätter ist ein Grund mehr, warum diese Sträucher seit dem 18. Jahrhundert unsere Gärten zieren. Aus ihrer Rinde wird bis heute ein Wasser zur Pflege der Haut und Wundheilung hergestellt.
Ein weiterer, sehr duftender Vertreter ist die chinesische Winterblüte ( Chimonanthus praecox). Der Strauch, der recht hoch und ausladend werden kann, wenn er geschützt an einer Hecke oder Hauswand steht, hat kleine Glöckchen und duftet nach Hyazinthen. Sein Fruchtstand ist speziell und wirkt exotisch. Diese Pflanze ist noch nicht so weit verbreitet wie die Zaubernuß, jedoch darf sie bei Pflanzenliebhabern im Garten nicht mehr fehlen.
Viele dieser Winterblüher sind, wie wir sehen, nicht heimisch, einige kommen aus Nordamerika, China oder Japan, so auch die japanische Mahonie (Mahonia japonica). Sie blüht am Ende des Winters und duftet, wie die oben erwähnte Winterheckenkirsche, nach Maiglöckchen. Auch sie dient als frühe Nektarquelle und ist nicht zu verwechseln mit der später im Frühling sehr üppig blühenden, gewöhnlichen Mahonie aus Nordamerika (Mahonia aquifolia). Diese hat sulfur gelbe Blütentrauben mit honigsüßem Duft . Beide gehören zur Familie der Berberitzengewächse und haben ein ledriges und stechendes Laub, ihr Holz ist innen auffällig gelb. Sie sind wie der Ilex (Stechpalme) immergrün.
Aber das ist noch lange nicht alles, an Hauswänden oder im geschützten Steingarten finden wir den sehr früh blühenden Winterjasmin (Jasminum nudiflorum). Sein Duft ist zart, sein struppiger Wuchs verträgt einen gröberen Rückschnitt und auch er dient, mit seinen gelben Sternchenblüten als Hingucker, in der sonst so blütenarmen Zeit im Garten.
Eine der ersten Zwiebelpflanzen, die in unseren Gärten blühen, ist der Winterling (Eranthis). Auch seine Blüten sind gelb und unter dem geschützten Laub kommt er schon bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt zum Blühen.
Aber allen voran und heimisch ist natürlich die Christrose, oder Schneerose (Helleborus niger). Wir finden sie in lichten Wäldern und auf mäßig feuchten Hängen, ihr Laub ist immergrün.
Auch als Nieswurz bekannt, wurde sie als Brechmittel und Schnupftabak benutzt. Sie gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse und ist giftig. Ihre Blüten, so bodennah und halb im Schnee vergraben, haben so manchen Zauber heraufbeschworen, deshalb ist sie in unseren Wintermärchen sowie in alten Liedern zu finden. Das Christkind selbst wird mit ihr in Verbindung gebracht. Die Schneerose mit ihren weißen, wachsartigen Blüten hat uns Menschen schon durch viele dunkle Winter begleitet und unsere Räume geschmückt. Kaum jemand, der sie nicht kennt.
Wenn man etwas in der Pflanzenwelt umherschaut und nicht nur heimische Vertreter im Garten haben will, dann gibt es einige Schätze, die uns in der kalten Jahreszeit mit Blüten beschenken. Ich frage mich, was diese Pflanzen anders machen, warum sie bei geringer Tageslichtlänge und bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, die Kraft und den Willen haben, ihre Blüten zu zeigen?
Heute habe ich einen Winterstrauß aus den Ästen der unterschiedlichen Winterblüher zusammengestellt. Sie bringen mir nicht nur den Blütenzauber, sondern auch die ganze Welt in meine Räume. Ihr Duft erzählt von den großen Wäldern Amerikas und den fernen Berghängen Chinas und trotzdem fühlen sich diese Fremden auch in meinem Garten zuhause.
Ein Gedanke zu „Zauberhafte Winterblüher“
Danke für den schönen Beitrag!