Wir sind umgeben von Formen und Farben. Der Mensch selbst unterliegt einer gewissen Formgebung. Wir sind zwar alle Individuen, und keiner gleicht dem anderen. Selbst Zwillinge mögen auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnlich sein, aber sind sie das wirklich?
Harmonische Formen empfinden wir auf der ganzen Welt, egal welcher Kultur wir angehören, als schön. Künstler und ihre Werke sind ein Versuch, diesen Harmonien in irgendeiner Form Ausdruck zu verschaffen und sie festzuhalten. Ihre Werke sind auf ihre Art Kopien aus der Natur. Die Schöpfung und ihre Kreationen sind unsere Vorbilder.
Auch in der Technik und Architektur kann nichts Neues, nichts Besseres hervorgebracht werden als das, was sich in der Natur bereits bewährt hat.
In den alten Schulen der Antike und darüber hinaus gehörten Wissenschaft und Philosophie immer zusammen. Heute hat das eine mit dem anderen nichts mehr miteinander zu tun, was nicht unbedingt von Vorteil ist. Hochmut und lebensfeindliche Aspekte finden dadurch ihren Nährboden.
Erst durch diese Trennung wurden Themen wie Ethik, Nachhaltigkeit und Verhältnismäßigkeit notwendig. Raubbau, Monokulturen und Ausbeutung beziehungsweise Zerstörung ganzer Landstriche sind die Folge. Der Kopf allein kann ohne Herz niemals eine zufriedenstellende Lösung bieten. Durch Erkunden, Staunen und darüber zu fabulieren hat man sich der Natur genähert, versucht, sie zu verstehen, und sich als Teil der Schöpfung gesehen.
Nicht umsonst heißt es:
„Wer den ersten Schluck aus dem Becher der Wissenschaft getrunken hat, wird zum Atheisten. Aber wenn er den Becher zur Gänze leert, stößt er wieder auf die Schöpferkraft.“
Das Rad haben und können wir nicht neu erfinden. Betrachten wir hier an dieser Stelle diese Urformen etwas genauer. Philosophieren wir darüber, so wie es vor uns die Gelehrten vergangener Zeiten getan haben. Entdecken wir die Schönheit, die uns umgibt.
Bei einem aufmerksamen Spaziergang durch Wald und Flur sind wir umgeben von vielen wunderschönen Formen. Genaueres Hinsehen eröffnet uns ein wahres Paradies an Kunstobjekten.
Wie durch ein Kaleidoskop geblickt, können wir in Blüten, Blättern, Samen, Früchten sowie allem Organischen eine unendliche Vielfalt von Farb, Form und Strukturmöglichkeiten erkennen. Es braucht dazu keinen technischen Aufwand, um durch diese Welt der Wunder zu lustwandeln.
Schöne harmonische Erscheinungen sind immer auch ein Zeichen der Venuskraft, so heißt es in der Signaturenlehre. Ohne Venus gäbe es keine Künste. Egal, ob es sich dabei um ein hübsches Gesicht, eine schöne Melodie, einen wohlgeformten Apfel oder die Farbzusammenstellung einer Blüte handelt. Alles das, was ein ausgewogenes Gleichgewicht hat, ist gezeichnet beziehungsweise signiert von der venusischen Planetenkraft. Dass man über Geschmack nicht streiten kann, ist nur im weitesten Sinn richtig. Es gibt sehr wohl Grenzen. Dass man Geschmack nicht kaufen kann, ist wiederum nur allzu wahr. Oft liegt in der Einfachheit die Schönheit verborgen.
Proportionen spielen dabei eine sehr große Rolle. Der goldene Schnitt, die göttliche Proportion, wurde nicht erst von Leonardo da Vinci entdeckt.
Für Schönheit und Wahrheit bedarf es keiner Erklärung.
Eine Form, die in der Natur immer wieder auftaucht und bezaubert, ist die Spirale. Ihr Geheimnis liegt schon in der Bewegungsrichtung. Verfolgt man ihren Verlauf von innen nach außen, dann vermittelt sie eine entfaltende Kraft, wobei sie ein Gefühl von Öffnung hinterlässt. Sie weitet sich, nimmt Raum ein, und wenn man der Bewegung kein Ende setzt, geht sie in eine unendliche Ausdehnung über. Ein Regentropfen auf der Wasseroberfläche zeigt dieses Bild, diese Bewegung, sehr deutlich. Auch Klang oder Schall entfaltet sich von einem Punkt aus der Mitte heraus.
Betrachten wir die Spirale jedoch der Bewegung folgend von außen nach innen, dann führt sie uns tief hinein bis zu jenem Punkt, an dem es keine Bewegung mehr gibt. Das Auge des Wirbelsturms. Dorthin, wo es still, unbewegt und zeitlos ist.
Philosophisch betrachtet ist es der Weg zu einem großen Geheimnis, unterwegs zur Ewigkeit, auf den Punkt der Einheit zusteuernd, den Alphapunkt, dort, wo alles beginnt und sich auch irgendwann wiederfindet und zurückzieht. In der Meditation kann das Visualisieren der Spirale hilfreich sein, um die Gedanken und die Aufmerksamkeit aus der Zerstreuung des Alltags zurückzuziehen und seine Konzentration zu finden.
Auch die Bewegung der Spirale ist in der Schöpfung stark vertreten. Das spiralförmige Öffnen von Knospen und Blüten, wie bei der Nachtkerze, ist eine nützliche Verpackung. Samen nutzen die Spiraldynamik als Katapult beziehungsweise als Fortbewegungsmotor, wie der Flugsame des Ahorns oder der Linde. Schneckenhäuser sind dabei sehr schöne und dauerhafte Kunstobjekte.
Ranken bewegen sich schraubend um einen fixen Punkt. Dabei gibt es strikte rechts oder links windende unter ihnen.
Eine spiralartige Reihung können wir beim Samenstand der Sonnenblume und der Ananasschale erkennen. Sie erlaubt die bestmögliche Ausnutzung einer Fläche. Von etwas weiter weg betrachtet entsteht bei der Draufsicht ein spiralförmiges Muster.
Auch Keimlinge drehen sich spiralartig aus dem Boden heraus, gleichzeitig bohrt sich die Wurzel in die Erde hinein.

Wir können also sagen, dass Anordnungen sowie Entfaltungen in der Natur gerne die Idee der Spirale als Vorbild nehmen. Eine flächige, zweidimensionale Spirale wirkt immer auch dreidimensional. Sie geht oder kommt optisch aus der Tiefe. Eine optische Täuschung entsteht auch beim Drehen einer aufgemalten Spirale. Sie wird dadurch plötzlich lebendig.
Im Feng Shui werden langgezogene Spiralhänger benutzt, um stagnierende Energien zu zerstreuen, zu beleben und wieder in Bewegung zu bringen.
Viktor Schauberger zeigte auf, dass die natürliche Bewegung des Wassers spiralförmig verläuft. Diese Wasserwirbel bewegen sich von außen nach innen. Die großen Strömungen unserer Meere folgen diesem Vorbild.
In der Technik hat der Mensch sie vielfach kopiert, ob ganz banal als Schraube oder Bohrer, als Feder, Stoßdämpfer, Schiffsschraube oder Turbine. Vieles wäre ohne die Dynamik eines spiralförmigen Körpers nicht möglich.
Merkur signiert die Form einer Spirale, so sagt es die Signaturenlehre. Verspieltheit, Auffälligkeit und nicht zuletzt die Bewegung selbst sind Ausdrucksformen seiner Kraft und beschreiben gleichzeitig die Eigenschaften einer Spirale.
Die Bewegung ist eines ihrer Hauptmerkmale. Keine Spirale steht jemals still, und dennoch verkörpert sie den Weg in die Zentriertheit. Am innersten Punkt, dem Alphapunkt, angekommen, markiert sie den Stillstand, auch wenn sie sich gleichzeitig in die unendliche Weite schrauben kann, wo der Bewegung kein Ende gesetzt wird. Bewegung und Stillstand, Öffnung, Entfaltung sowie Konzentration und Zurückgezogenheit stehen hier als Pole in dieser geheimnisvollen Gestalt gegenüber.
Entdecken wir doch beim nächsten Spaziergang durch den Garten, selbst jetzt im Winter, eine dieser Spiralen versteckt im Puzzle der Schöpfung.
Das Video zeigt die Nachtkerze in ihrer spiraligen Entfaltung.